Das neue Versicherungsvertragsgesetz (VVG) in der Fassung vom 27.Juli 2011 enthält einige sehr interessante Änderungen im Bereich der Kaskoversicherung. Von besonderer Bedeutung sind daher die ersten unter der neuen Rechtslage ergangenen Entscheidungen zu dem Bereich Leistungskürzung bei grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls. Zahlreich und besonders praxisrelevant sind die Urteile in den Fällen der Herbeiführung des Verkehrsunfalls im Zustand der Fahruntüchtigkeit wegen Alkohols. Maßstab für die hier interessierenden Fallgruppen ist der neue § 81 VVG. Der Versicherungsnehmer handelt in der Regel „grob fahrlässig“, wenn er den Verkehrsunfall im Zustand der absoluten Fahruntüchtigkeit herbeiführt. Die Rechtsprechung hat bereits anerkannt, dass der Versicherer bei einem derart schwerwiegenden Fehlverhalten des Versicherungsnehmers wie einer Trunkenheitsfahrt eine vollständige Leistungskürzung vornehmen kann. Als Begründung hierfür wird insbesondere auf die „prägende Wirkung“ abgestellt, die sich aus § 316 Strafgesetzbuch (StGB) ergibt. Denn hier wird bereits die Teilnahme am Straßenverkehr im Zustand der (relativen) Fahruntüchtigkeit unter Strafe gestellt. Dass der Kaskoversicherer zu einer vollständigen Leistungsfreiheit berechtigt ist, wenn der Versicherungsnehmer mit 2,7 Promille von der Fahrbahn abkommt, entschied folgerichtig das OLG Dresden. Aber auch bei 1,67 Promille und einem Abkommen von der Fahrbahn entschied das LG Münster (DAR 2010, 473) gleich lautend. Schließlich entschied das LG Tübingen sogar auf Leistungsfreiheit, wenn der Fahrer mit „nur“ 1,29 Promille Blutalkohol auf einer vier Meter breiten Wohnstraße gegen ein anderes parkendes Auto fährt. Eine weitere Fallgruppe sind die der grob fahrlässigen Rotlichtverstöße. Der Versicherungsnehmer übersieht also das Rotlicht, verursacht einen Unfall und begehrt gleichwohl Zahlungen aus der Kasko. Die Rechtsprechung hierzu ist differenziert. Grob gesagt zeichnet sich eine Tendenz ab, nach der bei Unfallgeschehen ohne besonders schwerwiegende oder entlastende Umstände eine Kürzungsquote in Höhe von um die 50% von den Gerichten als angemessen angesehen wird (z.B. OLG Hamm VRR 2010, 264). Wohlgemerkt: die Rede war hier nur von der Kaskoversicherung. Die Haftpflichtversicherung zahlt grundsätzlich immer (nämlich an den Unfallgegner), kann aber nach Alkoholfahrten bis zur Höhe von € 5.000,- bei dem Versicherungsnehmer Regress nehmen.