Softwaremangel eines Fahrzeugs beim Neuwagenkauf (Kupplungsüberhitzungsanzeige)

Heute ein neuer Beitrag zum Komplex Sachmängelgewährleistung beim Fahrzeugkauf. Es geht um einen Mangel an der Software eines Neufahrzeuges, wenn auch diesmal nicht im Hinblick auf Schadstoffausstoß, sondern bei der Kupplungsüberhitzungsanzeige.
Der BGH hat am 24.10.2018 zum Aktenzeichen VIII ZR 66/17 ein Urteil zu fehlerhafter Software bei einem gekauften Neuwagen gefällt. Er hat festgestellt, dass ein Fahrzeug nicht frei von Sachmängeln ist, wenn die Software der Kupplungsüberhitzungsanzeige eine Warnmeldung eingeblendet, die den Fahrer zum Anhalten auffordert, um die Kupplung abkühlen zu lassen, obwohl dies auch bei Fortsetzung der Fahrt möglich ist.

An der Beurteilung als Sachmangel ändert es nichts, wenn der Verkäufer dem Käufer mitteilt, es sei nicht notwendig, die irreführende Warnmeldung zu beachten. Dies gilt auch dann, wenn der Verkäufer zugleich der Hersteller des Fahrzeugs ist.

Der Verkäufer eines mit einem Softwarefehler behafteten Fahrzeugs kann der vom Käufer beanspruchten Ersatzlieferung eines mangelfreien Fahrzeugs nicht entgegenhalten, diese sei unmöglich geworden (§ 275 Abs. 1 BGB), weil die nunmehr produzierten Fahrzeuge der betreffenden Modellversion mit einer korrigierten Version der Software auf ausgestattet seien.

Der Wahl der Nacherfüllung durch Ersatzlieferung einer mangelfreien Sache steht – in den Grenzen von Treu und Glauben – grundsätzlich nicht entgegen, dass der Käufer zuvor vergeblich Beseitigung des Mangels verlangt hat.

Sehr interessant: das Festhalten des Käufers an dem wirksam ausgeübten Recht auf Ersatzlieferung einer mangelfreien Sache ist – ebenso wie das Festhalten des Käufers an einem wirksamen erklärten Rücktritt – nicht treuwidrig, wenn der Mangel nachträglich ohne Einverständnis des Käufers beseitigt wird (hier durch Aufspielen einer korrigierten Version der Software).

Ob die vom Käufer beanspruchte Art der Nacherfüllung (hier: Ersatzlieferung einer mangelfreien Sache) im Vergleich zu der anderen Variante (hier: Beseitigung des Mangels) wegen der damit verbundenen Aufwendungen für den Verkäufer unverhältnismäßige Kosten verursacht und diesen deshalb unangemessen belastet, entzieht sich einer allgemeinen Betrachtung und ist aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung und Würdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der im Gesetz (§ 439 BGB) genannten Kriterien festzustellen. Für die Beurteilung der relativen Unverhältnismäßigkeit der vom Käufer gewählten Art der Nacherfüllung im Vergleich zu einer anderen Art ist grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Zugangs des Nacherfüllungsverlangens abzustellen.

Der auf Ersatzlieferung in Anspruch genommene Verkäufer darf den Käufer nicht unter Ausübung der Einrede der Unverhältnismäßigkeit auf Nachbesserung verweisen, wenn der Verkäufer den Mangel nicht vollständig, nachhaltig und fachgerecht beseitigen kann.

Bei alledem können gemäß § 439 Abs. 2 BGB verschuldensunabhängig auch vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten als Teil des Schadensersatzes gefordert werden, die dem Käufer entstehen, um das Vertragsziel der Lieferung einer mangelfreien Sache zu erreichen.

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