Schaden durch Bodenwelle – greift die Vollkasko?

Häufig besteht Ungewissheit über die Frage, welcher Schaden an einem Kraftfahrzeug durch die (Voll-) kasko-Versicherung abgedeckt ist. Maßgeblich ist die Frage, ob es sich um einen – versicherten – Unfall handelt. Heute soll es um die Frage gehen, wie die Rechtslage ist, wenn durch das Überfahren einer Bodenwelle ein Schaden am Fahrzeug entsteht: greift die Vollkasko?

Der Anwendungsbereich der Vollkaskoversicherung ist immer wieder Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten. Abzugrenzen ist ein Schaden, der vom Kaskoversicherungsvertrag umfasst wird einerseits, nämlich von einem sogenannten Betriebsschaden andererseits. Wenn ein solcher Betriebsschaden vorliegt, handelt es sich eben nicht um einen „Unfall“.

Nicht als Unfallschäden gelten insbesondere Schäden aufgrund eines Betriebsvorgangs oder reine Bruchschäden. Auch Schäden aufgrund von Bedienungsfehlern oder Überbeanspruchung des Fahrzeuges stellen keinen Unfall dar und sind daher von der Kaskoversicherung nicht abgedeckt. Dies ist soweit einleuchtend.

In einem von dem Landgericht Nürnberg-Führt am 31.3.2016 entschiedenen Fall (Aktenzeichen 8 O 7495/15) lag der Fall nun so, dass der Kläger mit dem versicherten Fahrzeug mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h gefahren ist, als eine für ihn aufgrund der bestehenden Lichtverhältnisse nicht erkennbare Bodenwelle zur Verkehrsberuhigung überfahren wurde. Vor dieser Bodenwelle sei in der Annäherung nicht durch eine ausreichende Beschilderung gewarnt worden. Durch das überfahren der Bodenwelle war es dann zu einem Schaden am Fahrzeug gekommen, unter anderem war vorliegend der Fahrzeugrahmen eingeknickt worden (!).

Die Abgrenzung eines Unfalls vom Betriebsschaden ist sodann durch die Richter aus Nürnberg mit einer interessanten, aber letztlich nicht tragfähigen Begründung vorgenommen worden. Betriebsschäden stünden im Zusammenhang mit dem normalen Betrieb des Fahrzeuges. Hiernach sei ein Unfall in diesem Zusammenhang nur dann anzunehmen, wenn über die normalen, durch den Fahrbetrieb üblicherweise bedingten physikalischen Einwirkungen hinausgehende Kräfte auf das Fahrzeug einwirken und einen Schaden verursachen. Und diese Abwägung fiel im vorliegenden Fall zulasten des Versicherten/Klägers aus. Er könne für seine Schäden daher nicht die Kaskoversicherung in Anspruch nehmen. (Anmerkung: Aber gibt es nach dieser Definition dann überhaupt noch Unfallschäden?)

In einem ganz ähnlich gelagerten Fall hat das Landgericht München II am 13.1.2017 (Aktenzeichen 10O3458/16 denn auch genau andersherum entschieden. Die Richter aus München gingen nicht von einem Betriebsschaden aus, da es sich nicht um ein Einwirken mechanischer Gewalt handelt, die noch zum „normalen“ Betrieb des Kfz gehört. Auch hier ist die Begründung interessant: es sei zu berücksichtigen, dass üblicherweise eine derartige Bodenwelle, soweit sie erkennbar war, lediglich mit einer solchen Geschwindigkeit überfahren wird, die keine Schäden am Fahrzeug verursachen würde. Wird die Bodenwelle jedoch aufgrund der mangelnden Erkennbarkeit so schnell überfahren, dass Schäden entstehen, handelt es sich gerade nicht mehr um Gefahren, denen das Fahrzeug in seiner konkreten Verwendungsart üblicherweise ausgesetzt ist. Zum normalen Betriebsrisiko eines Fahrzeugs gehört es eben nicht, dass dieses mit so hoher Geschwindigkeit über eine Bodenschwelle fährt, dass hierdurch erhebliche Schäden entstehen.

Nach meiner Auffassung ist die zuletzt geäußerte Einschätzung überzeugend. Denn aus Sicht des betroffenen Fahrzeugführers macht es keinen Unterschied, ob er wegen leichter Fahrlässigkeit beispielsweise mit seinem Fahrzeug zu schnell in eine Kurve einfährt und sein Fahrzeug hierdurch schädigt, oder ob zu schnell eine Bodenwelle überfahren wird. Genau für diese Fälle ist aber die Vollkaskoversicherung abgeschlossen worden. Leider ist es häufig so, dass die Versicherungsgesellschaften erst verklagt werden müssen, bevor sie ihren Eintrittspflichten nachkommen.

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